Aufbau Ost, liberal September 2004

Der Aufbau Ost: Geld statt Geist.
Zu den Ursachen des Scheiterns eines sozialismusnahen Konzeptes.
Von Siegfried Reiprich


Das Scheitern eines „Aufbau-Ost“ genannten Planes war absehbar, es wurde umso wahrscheinlicher, je „selbstbewusster“ seine politisch-konformistischen Befürworter nach kurzer Verunsicherung auftraten. Denn es handelte sich um die Fortsetzung der prokommunistischen Selbstentmächtigung des Westens in der Ära der Entspannungspolitik mit anderen Mitteln.

Wer in den 1980er Jahren die DDR Diktatur bezeichnete lief Gefahr, im Namen des Friedens von der Konsenskirche des geheiligten Status Quo exkommuniziert und in die eisige Hölle der Kalten Krieger verbannt zu werden. Die authentische Erfahrung politischer Häftlinge oder exilierter Dissidenten aus dem Osten wurde ignoriert, denunziert, bestenfalls milde belächelt. Allenfalls in homöopathischen Dosen konnte westlichen Main-Stream-Deutschen die Wahrheit über Honeckers Reservat für den homo sowjeticus germanicus zugemutet werden. Ihrem Erich brächten die Eingeborenen fast so etwas wie stille Verehrung entgegen, orakelte ein Theo Sommer. Schüler in Nord-Rhein-Westfalen mussten begründen, warum die Werktätigen der DDR stolz auf ihre sozialistischen Errungenschaften seien. Der Weltökonom Oskar Lafontaine hielt die DDR für einen führenden Industriestaat und schickte dem saarländischen Landsmann Honecker gern ein Kistchen Wein aus der Heimat. Gerhard Schröder verwöhnte Egon Krenz, immerhin Schreibtischmörder aus kommunistischer Überzeugung, mit warmherzigen Zeilen, und selbst das konservativ-liberale Lager rümpfte die Nase, als Alfred Dregger angesichts der Reisepläne des Ostberliner Diktators nach Bonn im Jahre 1987 meinte, man habe es nicht nötig, sich von diesem Herrn die Ehre seines Besuches erweisen zu lassen. Igitt! Ein Ewiggestriger hatte gesprochen! Aber der war, wie man bald sah, auf der Höhe der Zeit.

Zum liberal >>> liberal, Heft 03/2004
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