Quo vadis CDU? Die Union und der Osten

Fehler nach 1989

a) Unterschätzung der humanen Verwüstungen des Sozialismus

Der größte Fehler der West-CDU bestand im Einheitsjahr 1990 darin, nicht zu begreifen, daß die schlimmsten Verwüstungen des Sozialismus die menschlichen waren, schlimmer als die ökonomisch-sozialen und ökologischen.3 "Die folgenschwersten Verbrechen der SED waren eben nicht die stalinistischen Internierungslager, die Schauprozesse der Hilde Benjamin oder der Schießbefehl an der innerdeutschen Grenze. Am folgenschwersten war die Austreibung der bürgerlichen Klasse und ihres Ideals der Freiheit."4 Was ein kluger Kommentator der WELT heute schreibt, hätte man schon 1989 wissen können, wenn, ja wenn nicht auch in Unions-Kreisen die geistige Auseinandersetzung mit dem Kommunismus sträflich vernachlässigt worden wäre.

b) Nichtaufarbeitung der eigenen geistigen Trägheit vor 1989

Tendenzen z.B. der Anerkennung einer DDR-Staatsbürgerschaft gab es auch in der CDU/West. Man verharrte im Status-Quo-Denken der vermeintlichen Realisten. Die aber doch nur machten, was der Psychologe Dietrich Dörner eine "Momentanextrapolation"5 nennt, jene häufigste (und manchmal auch dümmste) Form der Modellbildung bezüglich der Zukunft. Über das Deutschland-Handbuch der Bundeszentrale für politische Bildung vom Mai 1989 stellte Klaus von Dohnanyi6 fest, es sei "schon erstaunlich, daß sich in den über 700 Textseiten... nicht ein Hinweis findet, der auch nur die Möglichkeit der Ereignisse des Jahres 1989 andeutete. Im Gegenteil." Er mahnte deshalb Politik und ihre wissenschaftlichen Ratgeber zu zukünftiger Bescheidenheit. Alles, nur die Freiheit nicht, habe man in den Planungen gehabt. So stolperte auch die Union recht naiv in's Revolutionsjahr 1989. (Im Gegensatz zu mittel-osteuropäischen Dissidenten und wenigen Westlern wie z.B. Timothy Garton Ash).

Wenn man schon so überrascht war, hätte man wenigstens sofort analysieren müssen, warum!7 Eine Vergangenheitsbewältigung/West steht jedoch auch auf christdemokratischer Seite noch aus. (Ebenso die Realisierung der Forderung bezüglich der Stasi-Debatte: Go West!)

c) Einseitiger Aufbauansatz: Geld statt Geist

Ein Reformkommunist, der Ungar Imre Pozsgay, hatte Ende der 80er Jahre auf die ökonomischen Konsequenzen der Züchtung des homo sovieticus hingewiesen. Die Plandiktatur sei ein System organisierter Verantwortungslosigkeit. Die Leistungsethik der Produzenten sei dahin. Es gäbe weder eine Kultur der Selbstständigkeit noch der Eigenverantwortlichkeit, statt dessen Subalternität. "Es gibt keine autonomen Marktbeziehungen, jeder pocht auf das ihm ‘Zustehende'. Was bleibt ist der Verteilungsneid." Und zum nahezu unmöglichen Übergang von Plan- zur Marktwirtschaft: "Es ist leicht aus einem Hengst einen Wallach zu machen, aber machen Sie mal aus einem Wallach einen Hengst!"

Die Vorstellung, man müsse nur zweck's Initialzündung des Konjunkturmotors genug Geld rüber pumpen, man befinde sich sozusagen im Jahre 1948 vor der Währungsreform (typischer Analogie-Schluß nach D. Dörner), es werde nach wenigen Jahren zu einem sich selbst tragenden Aufschwung kommen, mußte scheitern. Ebenso wie die heutige Vorstellung, es werde eben länger dauern. Es kann auch schiefgehen, "Scheitert Deutschland?"8 lautet nun die Frage.

Denn woher sollen in den nächsten zehn Jahren 150-180 Milliarden DM pro Jahr herkommen, die in den Osten gepumpt werden?

"Der tragische Irrtum der Architekten der deutschen Einheit war indes, unterschätzt zu haben, daß man Menschen zwar von einem Regime, nicht aber von ihrer in zwei Generationen verfestigten Sozialisation und Prägung befreien kann."9 Ausgehend von der Erkenntnis, daß es in der DDR nur eine kleine oppositionelle Minderheit, aber ein große angepaßte Mehrheit gab (s.o.), hätte alles getan werden müssen, um die seelischen Befreiungsprozesse dieser Mehrheit zu befördern. Statt dessen wurde eine Reihe von Fehlern gemacht, die das Gegenteil bewirkten.

d) halbherzige Delegitimierung der SED/PDS (-MfS)

Selbstverständlich hätte die SED verboten und enteignet werden, das MfS zur terroristischen Verbrecherorganisation erklärt werden müssen. Friedliche Revolution heißt, daß man auf die Guillotine verzichtet, aber eben nicht auf die organisatorische Zerschlagung des ancien regime. Statt dessen haben auch führende Vertreter der West-CDU diejenigen aus dem Demokratischen Aufbruch, der DSU und die Reformer der Ost-CDU gebremst, die genau dies wollten. Es reichte eben nicht, nur die Stasi zum Prügelknaben zu machen, und hier auch nur das schwächste Glied, die IM.

"Strafe muß sein", weiß das Volk. Ja, weil nämlich sonst die Schuldigen niemals ihre Schuld einsehen und wieder frech werden. Man stelle sich vor, die Alliierten hätten sich nach 1945 nicht entblödet, eine "Partei des demokratischen Nationalsozialismus" zuzulassen und der "Völkische Beobachter" hätte unter gleichem Namen (!) einfach weiter machen können. Sicherlich hätten die "demokratischen" Nazis schon nach wenigen Jahren dagegen protestiert, daß die Trümmer immer noch nicht weggeräumt und der Lebensstandard noch nicht so hoch sei wie in den USA...10 Nun haben wir PDS und Neues Deutschland (dazu später mehr).

Fatal ist, daß restaurative Neulegitimierung statt Delegitimierung den Verantwortlichen erlaubt, ihre einstigen Mitläufer und Zuschauer wieder an sich zu ziehen; der Konsens aus der Diktatur, die Symbiose zwischen angepaßter Mehrheit und Altkadern, erfährt eine üble Wiedergeburt. Die Schuld an den unvermeidlichen Enttäuschungen eines Generationen erfordernden Prozesses wird nun nicht den sozialistischen Bankrotteuren, sondern der Union zugewiesen; die unbestreitbaren Erfolge erscheinen heute als vor allem von den roten Altkadern in SPD und PDS "für unsere Menschen erkämpft", aus dem bösen Westen "herausgeholt". Wohlstand steht einem zu, der Westen hat ja "unsere Betriebe plattgemacht", die Dolchstoßlegenden blühen11. Das kommt davon, wenn man die Schuldigen nicht bestraft und den Mitläufern und Zuschauern vergangener Untaten die Einsicht in eigene Mitschuld erspart (z.B. haben nicht wenige DDR-Bürger den Mauerbau 1961 begrüßt, damit die Westberliner ihnen nicht mehr die billige Wurst wegkaufen konnten)12. Anderenfalls gäbe es heute mehr Dankbarkeit und Freude darüber, daß die DDR-Bevölkerung dank der westlichen Brüder und Schwestern mit dem Untergang des Sozialismus Version DM-de Luxe davon kam (im Gegensatz zu den tapferen Polen).

e) Falsch gesetzter Schwerpunkt: (Block-)CDU-Apparat versus Demokratischer Aufbruch

Es war vermutlich richtig, 1990 so manche Kröte zu schlucken, um das kurze Zeitfenster für die Wiedervereinigung zu nutzen. Eine "Allianz für Deutschland" mußte sein. Lafontaines Denunziation der DDR-CDU als "kommunistische Kaderpartei" ist ungerecht, insofern der Vorwurf nur die Funktionärsspitze treffen konnte und die Partei ansonsten eine restbürgerliche Überwinterungsnische darstellte. Die Übernahme der Infrastruktur der DDR-CDU war ein taktischer Vorteil. Allerdings läuft man immer Gefahr, vor lauter taktischen Bäumen den strategischen Wald nicht mehr zu sehen. Alles hat seinen Preis.

Z.B. die Anpassung und das Nischendasein. Man verlernte im Osten unweigerlich, in den Kategorien der Freiheit und Erhardscher Marktwirtschaft zu denken, delegiert auch heute Verantwortung mit Vorliebe an den Staat, auch den neuen, bundesrepublikanischen, als vormundschaftlich ersehnten.

Deshalb hätte die seit 1990 unvermeidlich dominierende West-CDU einen moralisch-politischen Schwerpunkt bei den authentischen Christdemokraten vom DA und der DSU setzten müssen, durchaus auch im Sinne von Personalpolitik. Die Reformer in der Ost-CDU hätten viel stärker, als dann geschehen, aufgewertet werden müssen. Auch eine Öffnung für Bürgerrechtler, die 1990 den Verlust ihrer rot-grünen Illusionen noch vor sich hatten, wäre weise gewesen. Angesicht der oben geschilderten Ausgangslage 1989 grenzt es an ein Wunder, zu welchen freiheitlichen und politischen Leistungen die kleine demokratische DDR-Opposition trotz aller Verluste und Stasi-Perfektion fähig war. Sie begründete aus eigener Kraft eine neue, deutsche demokratische Tradition. Einer, der als "Kalter Krieger" verlacht worden war, der WELT-Kommentator Enno von Löwenstern, bezeichnete sie als "die moralische Elite unseres Volkes". Mit diesem Pfunde gilt es zu wuchern!

Mit Leuten wie Stasi-IM "Czerny" jedoch, sowie den Krause und Diestel wird es für die CDU auf Dauer nicht gut gehen. Wer die DDR erneut legitimiert, ruiniert die Union im Osten langfristig. Diestels selbst zugegebene Vernichtung von Stasiakten z.B. sollte zumindest moralisch als politische Untat benannt werden13.

Wenn man schon die Mehrheit der alten DDR-CDU im Block übernahm, dann hätten ganz andere Anstrengungen bei der politischen Bildung gemacht werden müssen. Z.B. sind fünf Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Sachsen mit seinen über 4 Mill. Einwohnern, bei allem Respekt vor ihrer Leistung14, Idealismus und der Arbeit vieler freier Referenten, doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Damit kann man nicht mal genug eigene Leute erreichen, geschweige denn gegen das Altkadermilieu mit seinen massenhaft verbreiteten Ex-SED-Zeitungen oder Tausenden Lehrern angehen.

f) Materielle Belohnung der Altkader bei Währungsunion, Rentenrecht, in der öffentlichen Personalpolitik - umfassende Zementierung der Startvorteile aus der Diktatur

Noch wird die CDU im Osten vor allem von Arbeitern gewählt, die PDS hingegen ist die Partei der Besserverdienenden. Die Arbeiter wußten sehr genau, daß es im Arbeiter-und-Bauernparadies kein härteres soziales Schicksal gab, als das der wirklich Arbeitenden, auf deren Schultern ein immer schwergewichtiger werdendes Heer von "Sesselfurzern" hockte.

Bei der Währungsunion im Sommer 1990 standen sie mit erbärmlich geringen Vermögenswerten da. Die 1:1 umtauschbaren Beträge von 4-6000 Ost-Mark hätten für sie gereicht. Wer hatte schon hohe Vermögen - wenn er nicht sehr staatsnah war (oder als Monopolhandwerker Schwarzgeschäfte machte)! Statt per Geschenkkurs von 1:2 hätte man die eine Grenze von 6000 Ost-Mark übersteigenden Beträge zu einem realistischen Kurs (z.B. 1:4, 1:5) umtauschen können. Schon um dem falschen Eindruck entgegenzuwirken, die "Alu-Chips", jene Kupons zur Teilnahme an einer Lotterie zum Bezug rationierter Waren ("Ham ‘wa" oder "Ham ‘wa nich") , seien gutes Geld wert. Mit einem Quasi-Währungsschnitt wären dann allerdings die willkürlichen und oft fiktiven Altschulden von DDR-Institutionen zu streichen gewesen.

So blieben nun die kleinen Leute arm wie sie waren, aber die SED und ihr Umfeld machten den großen Reibach beim "Umrubeln". Die Arbeiter wußten am besten, daß der Sozialismus eine Art staatskapitalistischer Ausbeutungswirtschaft war. Die Ausbeuter wurden belohnt, die Ausgebeuteten entmutigt. Daß es ein Fehler war, die ZERV nicht besser auszustatten und sie erfolgreicher DDR-Regierungskriminalität bekämpfen zu lassen, sollte klar sein. Die reihenweise Firmengründung durch Leute aus dem SED- und MfS-Umfeld, aus oft dubioser Quelle finanziert, ruft Resignation bei den kleinen Leuten hervor: "Fett schwimmt immer oben".

Auch für den Erwerb von Häusern, Grund und Boden in der DDR, galt die Faustregel: je staatsnaher, desto einfacher. Auch wenn es noch Reste besitzenden Bürgertums nach der kalten Enteignung vergangener Jahrzehnte gab, so war das Privileg, Immobilien erwerben zu dürfen, doch oft auch ein Bonbon für Regimetreue. Immerhin ca. ein Drittel der DDR-Familien besitzen Haus und Grund und haben mit der unverhofften (und von ihnen zumeist nicht erkämpften) deutschen Einheit Spekulationsgewinne von 100-1000% und mehr gemacht. Hätte man im Sinne eines Lastenausgleichs diese Gewinne nicht besteuern können?

Das viel bejammerte "Rentenstrafrecht" war natürlich kein Strafrecht, sondern nur die Weigerung, Leute die eigentlich das Gegenteil verdient hätten, noch zu privilegieren.

Im Allgemeinen stehen heute diejenigen DDR-Rentner am besten da, die dem SED-Staat willfährig dienten. Eine Sekretärin beim FDGB, natürlich SED-Mitglied, die jede Menge Ideologie-Müll im Dienste des "Transmissionsriemens der Partei" zu Papier brachte, hat eine "schöne Rente"; die Textilarbeiterin, die an vorsintflutlichen Maschinen schuften mußte und noch mit den Phrasen der "Gewerkschafts"-Bonzen gequält wurde, nicht.

Hinzu kommt noch der Doppelverdiener-Effekt. Mann und Frau im Sozialismus waren gehalten, die Kinder frühzeitig in Krippe und Kindergarten beim Staat abzugeben, was dieser für kollektivistischen Drill und Indoktrination weidlich ausnutzte (die Folgen solcher Erziehung waren in Hoyerswerda und Rostock zu sehen). Eine christliche Familie etwa, die auf ein Einkommen verzichtete, um die Kinder nicht dem SED-Staat auszuliefern, mußte nicht nur Armut ertragen, sondern ist heute rententechnisch schlechter gestellt, als z.B. eine SED-Familie, Er, Major der "Volkspolizei", Sie, Sekretärin bei der SED-Bezirksleitung, die ein Früchtchen hervorbrachten, daß nun den Baseball-Schläger schwingt.

Außerdem hat man das westliche Rentensystem einfach auf den Osten übertragen, ohne die andere soziologische Struktur zu berücksichtigen - höhere Erwerbsquote wg. Krippe, Kindergarten und Hort und der viel niedrigeren DDR-Einkommen. Teilweise sind ostdeutsche Rentner-Haushaltseinkommen heute schon höher als im Westen. Dies wird im Westen teilweise als ungerecht empfunden.

Das Schlimmste jedoch ist die faktische Restauration der DDR-Nomenklatura auf allen Ebenen des öffentlichen Dienstes unterhalb der Spitze und mit Ausnahme der ertappten Stasileute. Diejenigen, die am bittersten für den sozialistischen Bankrott zu zahlen haben, die kleinen Leute, Arbeitslose, Arbeiter, die umschulen mußten usw., aber immer noch demokratische Parteien wählen, sehen sich nun feixenden Altkadern gegenüber, die ausgerechnet die am besten bezahlten und sichersten Jobs in der Ex-DDR haben: im Öffentlichen Dienst. Zum Dank wählen die dann PDS.

Der Gipfel ist erreicht, wenn selbst von einer neu aufgebaute Bundesbehörde, der sog. "Gauck-Behörde", für ihren riesigen Verwaltungsapparat und andere Aufgaben reihenweise DDR-Kader eingestellt wurden, wobei nicht einmal nach SED-Mitgliedschaft gefragt werden durfte (von festangestellten Stasileuten ganz zu schweigen). Man stelle sich eine Institution für die Opfer des Nationalsozialismus vor, die massenhaft NSDAP-Mitglieder eingestellt hätte.

Wäre es wirklich nicht möglich gewesen, in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 1990 mit dem Untergang des Staates alle DDR-Staatsdienstverhältnisse zu beenden? Und die Stellen neu zu besetzen, bevorzugt mit Gegnern der Diktatur oder wenigstens Unbelasteten, wobei nicht nur auf die "Papierform" formaler Qualifikation zu achten gewesen wäre? Sicher, angesichts jahrzehntelanger Monopolisierung politischer und verwaltungstechnischer Kompetenz durch die SED wäre eine solche Personaldecke zu dünn gewesen. Deshalb forderte A. Baring 1991 ja auch eine massive Rücksiedlungspolitik in Millionenhöhe (3-4 Millionen ehemalige DDR-Bürger im Westen, also Doppeldeutsche gibt es ja). Und wäre es nicht besser gewesen, alles zu tun, um die Enteignungen in der SBZ von 1945 bis ‘49 rückgängig zu machen, damit möglichst viele Alteigentümer zurückkommen und das flache Land nicht den "Roten Baronen", den ehemaligen LPG-Vorsitzenden, überlassen bleibt?

Weiter forderte Baring eine Rückbesinnung auf preußische Beamtenethik, gerade im Westen. Angesichts der Umzugs-Querelen muß jedoch nüchtern gefragt werden, ob die alte Bundesrepublik noch genügend geistig-moralische Kraft zur Bewältigung der Vereinigungskrise hat. Hier liegt eigentlich "der Hase im Pfeffer".

g) Grundsatzproblem: Verpaßte Reformchancen 1990 in ganz Deutschland - mangelnde Selbstkritik des Westens

Insgesamt muß gesagt werden, daß die unverhoffte deutsche Einheit nicht durch schematische Übertragung des westlichen Beamten- und Quasibeamtenstaates auf den Osten bewerkstelligt werden konnte. Vielmehr wird angesichts einer Staatsquote von ca. 50% eine grundsätzliche Reform des gesamten Öffentlichen Dienstes immer dringlicher. Es wirkt verheerend, wenn Ostdeutsche den Öffentlichen Dienst westlichen Typus als bürokratische Planwirtschaft erleben, eine Art Sozialismus mit D-Mark, indem das Leistungsprinzip weitgehend aufgehoben ist.13

"Schlanker Staat" als neoliberales Konzept greift zu kurz, wenn es in der Praxis bedeutet, daß die Privilegien der im Trockenen sitzenden Arbeitsplatzbesitzer erhalten bleiben, aber junge Leute und Quereinsteiger keinerlei Chance bekommen, wie gut auch immer sie seien. "Effizienter Staat", der partiell sogar wieder mehr Leute einstellen könnte, muß die Parole sein. Die Probleme des bürokratischen Überaufwandes im Sinne der "Überaufwandtheorie" und "Südamerikanisierung" nach Reinhard Selten (Spieltheoretiker und einziger deutscher Nobelpreisträger für Wirtschaft) können hier nur angedeutet werden.

Diese Auflistung von Fehlern Vergangenheit muß natürlich sowohl unvollständig als auch unausgewogen bleiben. Um jedoch keinen falschen Eindruck aufkommen zu lassen, sei hier ausdrücklich gesagt: Strategisches Handeln in komplexen Situationen ist eine hohe Kunst, Helmut Kohl z.B. ist ein Meister. Was wir an ihm schätzen ist, daß er Fehler gemacht hat bei der Gestaltung der Einheit. Andere hätten Vieles richtig gemacht - bei der Verhinderung dieser Einheit!

Zurück

Cookie-Einstellungen zurücksetzen